Freie Fahrt vom Frischen Haff zur Ostsee

Neuer Kanal soll auch den Tourismus im Norden Polens stärken

Mit einem neuen Kanal will Polen unabhängiger von Russland werden. Nun wurde der neue Durchbruch durch die Frische Nehrung offiziell eröffnet. Schiffe können so zwischen dem Frischen Haff (Zalew Wiślany) und der Ostsee  ohne Umweg über die russische Enklave Kaliningrad (Königsberg) verkehren. Die Polnische Tourismusorganisation POT sieht in der neuen Wasserstraße auch ein großes Potenzial für den touristischen Verkehr auf dem Wasser.

„Wir wissen, dass sich viele der Anrainergemeinden am Zalew Wiślany auf die neuen Möglichkeiten vorbereiten“, weiß Konrad Guldon, Direktor des Polnischen Fremdenverkehrsamtes in Berlin. So hätten etwa touristisch weniger bekannte Orte wie Fromborg (Frauenburg) oder Tolkmicko (Tolkemit) bereits angekündigt, in den Ausbau ihrer Segelinfrastruktur investieren zu wollen.

„Das sind fantastische Möglichkeiten, die sich Wassersportfans da eröffnen: Wer mit dem eigenen oder gemieteten Segelboot auf die offene Ostsee will, muss nicht mehr den beschwerlichen Umweg über Kaliningrad machen“, schwärmt Guldon. Auch die umständliche Besorgung eines Visums zur Durchfahrt durch die russische Exklave würde so wegfallen. So könne man die Schönheiten des Festland im Ermland, das Frische Haff und auch die Ostsee sorgenfrei genießen. Auch viele der auf der Frischen Nehrung gelegenen Orte würden sich auf einen neuen Ansturm von Segeltouristen vorbereiten.

Wichtigster Nutznießer des einen Kilometer langen, 20 Meter breiten und fünf Meter tiefen Kanalbauwerks wird die Hafenstadt Elbląg (Elbing) werden. Der einstige Standort der historischen Schichauwerft hofft vor allem auf einen Aufschwung für den Handelsverkehr von der Ostsee ins Binnenland, der sich aus der nun gegebenen neuen Planungssicherheit ergebe. Der Kanal und die 200 Meter lange Zugangsschleuse ermöglichen künftig Schiffen mit einer Gesamtlänge von bis zu 100 Metern und einem Tiefgang bis 4,5 Metern die Einfahrt ohne Umweg über Kaliningrad.

Die Stadt, die bis ins späte Mittelalter noch an einem Hauptmündungsarm der Weichsel lag, erhofft sich so eine Vervierfachung des bisherigen Schiffsaufkommens im Hafen und ein entsprechendes Umsatzplus. Aber auch Elbing will zusätzlich in weitere Angebote für Wassersport und Tourismus investieren. Konrad Guldon ist davon überzeugt, dass der Kanal auch Vorteile für den Tourismus in der Stadt bringt: „Elbing ist jetzt ideal gelegen: Auf der einen Seite das Haff mit dem neuen Zugang zur Ostsee, auf der anderen Seite der Oberlandkanal und die Seenplatten in Ermland und Masuren.“

Das neue Bauwerk besteht aus dem eigentlichen Kanal mit Schleuse und der dazugehörigen Infrastruktur, einem Schutzhafen auf der Ostseeseite, der von zwei Wellenbrechern begrenzt wird, sowie einem Brückenbau für die kreuzende Fernverkehrsstraße auf der Frischen Nehrung. Der beim Bau entstandene Aushub wurde auf der Haffseite zu einer Insel aufgeschüttet, die künftig als Lebensraum für Vögel dienen soll. Ein zweiter und dritter Bauabschnitt sehen die weitere Vertiefung von Teilen des Haffs und des Flusses Elbląg vor.