Mit dem Großpolnischen Ring, der auf fast 700 Kilometer durch drei polnische Woiwodschaften führt, entsteht ein neues Hausbootrevier im Zentrum Polens. Mit dem Neubau von mehreren Anlegern und kleinen Marinas entlang der Route wurden die Bedingungen für die touristische Entwicklung geschaffen. Mit Hilfe der EU wurden auch mehrere Schleusen erneuert und modernisiert. Der deutsche Veranstalter Kuhnle-Tours eröffnete erst kürzlich eine neue Basis in der Region.
Die traditionsreiche Wasserroute erstreckt sich auf insgesamt 688 Kilometer über das Gebiet der Woiwodschaften Wielkopolskie (Großpolen), Lubuskie (Lebuser Land) und Kujawsko-Pomorskie (Kujawien-Pommern). Schon in der Zwischenkriegszeit war sie bei polnischen Wassersportlern beliebt. Jetzt wird sie neu entdeckt und soll auch international vermarktet werden. Durch das System der Wasserregulierung wird sichergestellt, dass ganzjährig mindestens 60 Zentimeter Wassertiefe auf den Flüssen und Kanälen vorhanden sind. Hausboote mit geringem Tiefgang können so die gesamte Strecke befahren. Ein stärkerer Verkehr herrscht bisher nur auf dem nördlichen Abschnitt des Rings, der einen Teil der internationalen Wasserstraße E70 bildet. Sie führt von Rotterdam über Berlin bis zum Frischen Haff und weiter nach Osten und schafft damit auch eine direkte Verbindung für Wassersportler von Berlin, Warschau oder Danzig zum Großpolnischen Ring.
Foto: Klaus Klöppel
Auf anderen Teilen des Rings hingegen begegnet man nur selten anderen Booten. Landschaftlich besonders reizvoll ist der östliche Abschnitt, der über knapp 150 Kilometer vom Kanał Bydgoski (Bromberger Kanal) über Abschnitte der Noteć (Netze), Kanäle und malerische Rinnenseen zur Warta (Warthe) bei Konin führt. Unterwegs passiert man das Wassersportzentrum Ślesin mit einer der größten neuen Marinas am Ring. Nicht weit davon erheben sich der 141 Meter hohe Turm und die goldene Kuppel der Basilika von Licheń Stary. In dem kleinen Ort gibt es bereits seit dem 19. Jahrhundert ein vielbesuchtes Sanktuarium, bis 2004 entstand dort das größte Gotteshaus Polens.
Ein rund 340 Kilometer langer Abschnitt des Rings führt über die Warthe, Polens drittgrößten Fluss, der bei Kostrzyn (Küstrin) in die Oder mündet. An seinem Verlauf liegen nicht nur sehenswerte kleine Städte wie Nowe Miasto (Neustadt) oder Śrem (Schrimm), sondern auch Poznań (Posen), die Hauptstadt der Woiwodschaft Großpolen, ein wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Westpolens mit fast 600.000 Einwohnern. Eine moderne Marina ist dort noch nicht vorhanden, aber anlegen kann man im alten Hafenbecken und ist von dort in wenigen Minuten in der quirligen Altstadt, wo mehr als 100.000 Studenten und viele Touristen die unzähligen Kneipen, Clubs und Cafés bevölkern.
Foto: Klaus Klöppel
Über die Warthe mit dem Großpolnischen Ring verbunden ist auch Gorzów (Landsberg an der Warthe), eine der beiden Hauptstädte der Woiwodschaft Lubuskie. Dort wurde in den vergangenen Jahren der Boulevard an der Warthe neu gestaltet. Dabei entstanden mehrere neue Restaurants und Cafés sowie ein großer Anleger. Der Ende des 18. Jahrhunderts erbaute Bromberger Kanal bildet die Verbindung nach Bydgoszcz (Bromberg), eine der beiden Hauptstädte von Kujawien-Pommern. Die Stadt mit rund 350.000 Einwohnern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vom industriellen Zentrum zu einem modernen Kultur- und Dienstleistungsstandort entwickelt. An der malerischen Mühleninsel im Herzen der Stadt wurde Ende 2012 eine moderne Marina mit einem Hotel und Restaurant sowie Platz für 100 Boote eröffnet.
Wer den gesamten Ring per Hausboot erkunden will, sollte mehr als zwei Wochen für seine Tour veranschlagen, wer auch die größeren Städte wie Posen oder Bromberg besichtigen möchte, entsprechend großzügiger planen. Wer weniger Zeit hat, kann sich auf einen Abschnitt des Rings beschränken und mit der Charterfirma eine Oneway-Tour vereinbaren. Etwa fünf Tage sind zum Beispiel für eine Fahrt von Bydgoszcz nach Konin erforderlich, beide Städte sind per Bahn aus gut erreichbar. Auf dem Rückweg lässt sich ein Zwischenstopp für die Besichtigung von Poznań einplanen.
Gab es bisher nur wenige kleine Charterfirmen entlang des Rings, so wächst inzwischen das Angebot. Neu auf den Plan trat das deutsche Charter-Unternehmen Kuhnle-Tours, das bereits in Masuren vertreten ist. In Śleśin betreibt die Firma eine neue Basis und bietet von dort verschiedene Rundtouren von drei bis zehn Tagen Länge an. Die Boote vom Typ Kormoran bieten sechs Personen genügend Platz. www.kuhnle-tours.de Komfortable und moderne Kanalboote aus eigener Produktion bietet auch die Firma La Mare in Bydgoszcz, www.lamare.pl Ebenfalls sehr komfortable Boote des Typs Suncamper mit großem Sonnendeck vermittelt water & world in Ślesin, www.waterworld.pl Ein deutscher Online-Vermittler bietet auf seiner Website www.polen-hausboote.de kleinere Hausboote an. Die Boote liegen in der Marina von Czarników im Norden, können gegen Aufpreis aber auch zu anderen Startpunkten transportiert werden.
Foto: Klaus Klöppel
Gängige Hausboote können in Polen führerscheinfrei nach einer Einweisung genutzt werden. Vor Ort gibt es sehr ausführliches Informationsmaterial in deutscher Sprache mit einer genauen Beschreibung der Strecke. Informationen über die Wasserwege und Anlegemöglichkeiten findet man in polnischer und englischer Sprache auf der Website www.wielka-petla.pl